Bevor du auf „teilen“ klickst: Kidfluencing, Sharenting und Kinderrechte im Netz

Die neue Dokumentarserie Bad Influence beleuchtet die weniger bekannten Seiten des sogenannten Kidfluencings – also dem gezielten Aufbau von Kindern als Social-Media-Stars durch Erwachsene, meist die eigenen Eltern. Sie zeigt eindringlich, wie leicht die Grenze zwischen „unschuldigem Spaß vor der Kamera“ und kommerzieller Ausbeutung überschritten werden kann. Diese Thematik betrifft längst nicht nur Ausnahmesituationen, wie sie in der Serie geschildert werden, sondern wirft auch wichtige Fragen auf, die viele Familien im (digitalen) Alltag betreffen.

Was sind Influencer überhaupt – und warum sind sie so einflussreich?

Der Begriff Influencer stammt vom englischen to influence – beeinflussen. Influencerinnen und Influencer nutzen Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube, um Inhalte zu teilen – oft sehr persönliche Einblicke in den Alltag – und dabei gleichzeitig Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben. Laut dem aktuellen BEE SECURE Radar 2025 zählt der Einfluss durch Online-Vorbilder, wie Influencer, zu den fünf am häufigsten genannten Risiken – sowohl bei den Eltern von Kindern im Alter von 3 bis 16 Jahren als auch bei jungen Erwachsenen selbst. Vor allem Kinder und Jugendliche fühlen sich ihren Idolen besonders nahe und neigen schneller als Erwachsene dazu, deren Aussagen unkritisch zu übernehmen.

Wenn Kinder selbst zu Influencerinnen und Influencer werden

Immer häufiger sieht man im Netz Kinder, die eigene Kanäle betreiben oder regelmäßig in Inhalten Erwachsener auftauchen. Ob scheinbar harmlose Familien-Vlogs oder professionell inszenierte YouTube-Formate – sobald Kinder regelmäßig online auftreten, sollte man sich fragen: Wird hier im Sinne des Kindeswohls gehandelt?

Die Dokumentation Bad Influence zeigt beispielhaft, wie aus einem zunächst harmlos wirkenden Einstieg auf YouTube ein komplexes und potenziell problematisches System entstehen kann. Laut der Darstellung in der Serie wurden Kinder regelmäßig gefilmt, engmaschig kontrolliert und in einem Umfeld gezeigt, das von Machtungleichgewichten, möglichen manipulativen Strukturen und sexuellen Grenzüberschreitungen geprägt war. Die wirtschaftlichen Interessen der betreuenden Erwachsenen – in vielen Fällen die eigenen Eltern – stehen dabei im Zentrum der Erzählung.

Auch wenn diese Darstellungen zugespitzt sind und nicht den Regelfall abbilden, werfen sie wichtige Fragen auf – insbesondere im Hinblick auf sogenannte Kidfluencer, also Kinder, die von ihren Eltern aktiv beim Aufbau einer Online-Präsenz unterstützt werden. Laut dem thematischen Beitrag von BEE SECURE handelt es sich dabei um Kinder, die z. B. beim Spielen oder Testen von Produkten gefilmt werden, mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit Gleichaltriger zu wecken – was wiederum das Kaufverhalten von deren Familien beeinflussen kann. ​Eltern sollten sich bewusst sein: Mit jedem Post, jedem Video und jeder Story mit den eigenen Kindern entstehen digitale Spuren, die sich nicht ohne Weiteres löschen lassen – und mitunter ein Publikum erreichen, das man nicht kontrollieren kann.

Sharenting – ein Phänomen mit Folgen

Der Begriff Sharenting setzt sich aus „Sharing“ und „Parenting“ zusammen und bezeichnet das Phänomen, dass Eltern Inhalte ihrer Kinder im Netz teilen: meist aus Stolz, zur Unterhaltung – aber ja, manchmal auch mit kommerziellem Hintergedanken. Unabhängig davon, warum Eltern entscheiden, dieses Material online zu teilen, zählt: Was harmlos beginnt, kann langfristige Folgen haben. In diesem Sensibilisierungsvideo der Telekom werden einige dieser potenziellen Folgen gezeigt.

Wichtige Punkte, die sich Eltern merken sollten

  • Rechte auf Privatsphäre: Kinder haben ein Recht darauf, selbst zu bestimmen, ob und wie sie öffentlich sichtbar sein möchten. Dieses Recht können sie im sehr jungen Alter noch nicht selbst wahrnehmen – hier sind die Eltern gefordert, verantwortungsvoll zu entscheiden.
  • Digitale Identität: Fotos, Videos und persönliche Geschichten prägen die digitale Identität eines Kindes dauerhaft – auch in Suchmaschinen und sozialen Netzwerken.
  • Gefahr durch Dritte: Inhalte von minderjährigen Influencerinnen und Influencer werden häufig von Erwachsenen mit sexuellen Absichten konsumiert (mehr dazu in diesem Artikel von ABC News).

Was Eltern tun können

  • Nachdenken vor dem Posten: Bevor Bilder oder Videos des eigenen Kindes veröffentlicht werden, sollten Sie sich als Eltern ehrlich fragen: Würde mein Kind diese Veröffentlichung auch in ein paar Jahren noch gutheißen? Dieser Leitfaden von SCHAU HIN! kann dabei helfen.
  • Kinder mitentscheiden lassen: Sobald Kinder alt genug sind, sollten sie aktiv in die Entscheidung eingebunden werden, ob und wie Inhalte veröffentlicht werden.
  • Stellen Sie die Privatsphäre Ihres Kindes an erste Stelle: Überlegen Sie gut, bevor Sie Informationen oder Bilder Ihres Kindes veröffentlichen. Vermeiden Sie Angaben wie Name, Schule, Geburtsort oder Wohnumfeld – solche Details können dazu führen, dass Ihr Kind identifiziert und potenziell gefährdet wird.
  • Grenzen setzen – auch gegenüber sich selbst: Nutzen Sie Privatsphäre-Einstellungen gezielt und überlegen Sie, wer Ihre Beiträge wirklich sehen muss. Bevorzugen Sie geschlossene Gruppen oder datenschutzfreundlichere Plattformen, um die Sichtbarkeit einzuschränken und sensiblen Umgang mit Kinderbildern zu gewährleisten.

Eltern, aber auch alle anderen erwachsenen Bezugspersonen, tragen eine enorme Verantwortung, wenn es um die Darstellung von Kindern im Netz geht. Sharenting und Kidfluencing sind keine Privatsache – sie betreffen die Rechte, die Sicherheit und die Würde von Kindern. Und genau deshalb ist es wichtig, immer wieder kritisch zu hinterfragen: Dient dieser Post wirklich dem Kind – oder eher anderen Interessen?

Für eine individuelle, kostenlose und vertrauliche Beratung, können Sie sich an die BEE SECURE Helpline wenden:  Telefonnummer – 8002 1234 oder über dieses Formular.

Quellen