Sextortion – “Ich kenne dein Passwort”

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Sextortion – Was ist das genau?

Sextortion (englisch: „sex“ und „extortion“ = Erpressung) bedeutet Erpressung anhand von Material mit sexuellem Inhalt (Bilder, Videos). Die Erpresser fordern meist Geld oder andere Gefälligkeiten und drohen damit, die Bilder an andere zu schicken oder auf Plattformen/sozialen Netzwerken hochzuladen, falls der Forderung nicht nachgegeben wird. Hinsichtlich der Zuordnung des Sachverhaltes kann Sextortion zum Bereich Sexting (Versenden und Empfangen von „Nudes“ mittels digitaler Medien) oder Cyber-Mobbing zugeordnet werden. Es handelt sich um einen strafbaren Sachverhalt, welcher bei der Polizei gemeldet und gesetzlich sanktioniert werden kann. Die Abläufe ähneln dem des „Groomings“, bei dem zunächst Vertrauen gewonnen wird, insbesondere Kinder bevorzugt werden, dieses isoliert wird, somit eine Geheimhaltung bewirkt wird und progredient eine Grenzüberschreitung eingeleitet wird.

Wer ist betroffen?

Egal, ob Schüler, Professor, Lehrer, Vater, Mutter – jeder kann Opfer sowie Täter werden.

Menschen aller Alterskategorien können von Sextortion betroffen sein.

Eine Studie zeigt, dass Sextortion eine der großen Gefahren für Kinder und Jugendliche im Netz darstellt. In einer Studie von Dr. Justin W. Patchin, Ph.D (Professor für Strafjustiz an der Universität von Wisconsin-Eau Claire) befragte dieser 5.500 Schüler und Schülerinnen im Alter von 12 bis 17 Jahren. Das Ergebnis zeigte, dass circa 5 % von Sextortion betroffen waren. In den vergangenen Jahren hat die neue Form der Erpressung den Weg über den Atlantik zu dem europäischen Kontinent gefunden. Dies spiegelt sich auch in unseren Fallzahlen nieder: wir beobachten eine steigende Tendenz der Anrufe an der BEE SECURE Helpline zu diesem Thema.

Wie kommt es zur Sextortion?

Bei den Aufnahmen kann es sich auch um Material handeln, welches der Täter heimlich per Webcam aufgenommen hat. Oftmals handelt es sich jedoch um Täter mit einer hohen sozialen Kompetenz, welche zu dem Opfer eine Bindung aufbauen, Vertrauen generieren, sodass die Bilder letztlich bewusst verschickt werden. Sextortion tritt abermals häufig nach Trennungen, Konflikten und Streit auf (insbesondere emotionale Erpressung: „Wenn du mich magst, dann sende mir die Aufnahmen.“). Möglich ist ebenfalls die gezielte Erpressung, sodass das Opfer unter Druck gesetzt wird. Oftmals geben die Täter den Vorwand an, das Password ihres Opfers zu kennen und setzen diese damit unter Handlungsdruck. Außerdem wird in solchen „Scam-Mails“ (Betrugsmail) angegeben, dass die Videokamera des PCs aktiviert wurde und Aufnahmen gemacht worden sind.  Nur unter dem Vorwand einer Geldzahlung wird angegeben, die Aufnahmen zu löschen. Somit lässt sich kein eindeutiges „Täterprofil“ erstellen – ob durch persönliche Kränkung oder durch den Kontakt mit Kriminellen, kann Sextortion auftreten.

Nicht untypisch sind die Nutzung von Fake Profilen oder künstlich erzeugte Chatrooms mit vermeintlich Gleichaltrigen, welche die Bereitschaft des Versendens von sexualisierten Inhalten steigern soll.

Die Rolle der Kinder

Besonders sehr junge Kinder können die Gefahr nicht wirklich einschätzen – ob aus der Täter- oder Opferrolle. So kann es sich auch um eine dysfunktionale Strategie handeln, um in Kontakt zu bleiben oder Aufmerksamkeit zu erzeugen. Es sollte transparent kommuniziert werden, dass hergestellter sexualisierter Inhalt auch wesentlich später gegen einen verwendet werden kann. Aufgrund der schwierigen und wichtigen Lebensphase von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um eine sehr empfängliche Risikogruppe. Es existieren Tätergruppen, welche gezielt auf der Suche nach emotional empfänglichen Kindern und Jugendlichen sind, zunächst deren Bedürfnisse befriedigen, um dann Sexting betreiben zu können. Aus Angst, negativ bewertet oder belächelt zu werden, schweigen diese oftmals über den Tatbestand und leiden im Stillen unter der Ausübung von Sextortion.

Aufgrund der Größe Luxemburgs, ist die Sorge besonders ausgeprägt, auf jemanden zu treffen, der einen kennt, sodass die Hemmschwelle, nach Hilfe zu fragen, hoch liegt.

Was tun gegen Sextortion?

  • Es gilt besonders darauf zu achten und zu reflektieren, welche Inhalte weitergeschickt werden.
  • Bewahren Sie Ruhe bei dem Erhalt einer sogenannten „Scam-Email“.
  • Atmen Sie tief durch.
  • Geben Sie den Betrug auf CIRCL (info@circl.lu) inklusive der Bitcoinadresse (angegebene Zahlungsadresse) an.
  • Wenn Sie Opfer von Sextortion geworden sind, schicken Sie keine weiteren Fotos oder Videos, brechen Sie den Kontakt zum Täter ab und beenden Sie die Kommunikation.
  • Um aktiv werden zu können, lohnt es sich Beweismittel wie SMS oder Screenshots zu sammeln.
  • Seien Sie mutig, lösen Sie sich von der unter Umständen angenommenen „Vertrauensperson“.
  • Wichtig ist es, den Tatbestand mitzuteilen. Schämen Sie sich nicht darüber zu sprechen. Uns liegen nur die Daten von offen kommunizierten Fällen vor. Unter dem Gesichtspunkt scheint die Dunkelziffer noch größer. Sprechen Sie mit Freunden oder/und Familie. Falls die Scham zu groß ist, nehmen Sie gerne zunächst Kontakt zu uns auf der BEE SECURE Helpline unter 8002 1234.
  • Machen Sie eine Anzeige und geben Sie der Erpressung nicht nach.
  • Es kann ebenfalls ratsam sein, die Passwörter zu ändern, sodass der Täter keinen Zugriff auf ihr persönliches Konto haben kann. Für jedes Portal sollte ein anderes Passwort zu verwenden.
  • Wenn Sie jemanden kennen, der von Sextortion betroffen ist, zeigen Sie Zivilcourage, nehmen Sie Kontakt auf oder melden Sie diese Form der Erpressung.

 

Schauen Sie nicht weg, sondern melden Sie die Sextortion der BEE SECURE Helpline unter 8002 1234.

 

Quelle: Patchin, J. W., & Hinduja, S. (2020). Sextortion Among Adolescents: Results From a National Survey of U.S. Youth. Sexual Abuse, 32(1), 30–54.