Online-Kulte wie „Gruppe 764“ – eine unterschätzte Gefahr für Jugendliche in Europa

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In sozialen Netzwerken entstehen immer wieder Gruppen, die gezielt versuchen, junge Menschen emotional zu beeinflussen – mit teilweise drastischen Folgen. Besonders bekannt ist die Gruppe 764 (bekanntester Name für die Gruppe). BEE SECURE warnt vor der wachsenden Gefahr durch solche Online-Phänomene, bei denen psychologische Manipulation, Gewaltverherrlichung und sexuelle Ausbeutung miteinander verknüpft sind.

Was sind digitale Kult-Netzwerke?

Laut Europol handelt es sich dabei um gewaltverherrlichende Online-Communities, die extrem verstörende Inhalte verbreiten – darunter Gewalt („Gore“)-Videos, Tierquälerei, sexualisierte Gewalt gegen Kinder (CSAM) und sogar Morddarstellungen. Dabei steht nicht der Konsum solcher Inhalte im Vordergrund. Ziel ist es vielmehr, junge Menschen schrittweise an Gewalt zu gewöhnen, sie emotional zu manipulieren und schließlich zu Taten wie Selbstverletzung oder Gewalt gegen andere zu zwingen.

Diese Gruppen ähneln klassischen Kulten- und Sektenstrukturen: Einzelne Personen oder Gruppen übernehmen eine Führungsrolle, bauen emotionale Abhängigkeiten auf und nutzen psychologischen Druck, um Kontrolle über die Betroffenen zu gewinnen.

Wer ist besonders gefährdet?

Besonders gefährdet sind:

  • Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 17 Jahren
  • LGBTQ+-Jugendliche und andere Minderheiten,
  • Menschen mit psychischen Belastungen
  • Kinder mit Selbstwertproblemen, Depressionen oder suizidalen Gedanken

Laut Europol und dem FBI suchen Täter ihre Opfer oft gezielt in Online-Foren für mentale Gesundheit oder Selbsthilfegruppen. Täter nutzen dabei häufig sowohl Rollenspiele als auch psychologischen Druck, um emotionale Abhängigkeit zu schaffen.

Wie läuft die Manipulation ab?

Die Kontaktaufnahme beginnt oft harmlos – Täter beginnen mit harmlosen Gesprächen in Gaming-Plattformen, Chat-Apps oder auf TikTok/Instagram. Danach folgt eine gezielte Eskalation:

  • Love Bombing: Übertriebene Zuneigung und Aufmerksamkeit, um emotionale Bindung zu schaffen
  • Datensammlung: Persönliche Infos wie Adresse oder Schulname werden gesammelt – oft durch  Quellen wie öffentliche Profile
  • Verlagerung in private Chats: z. B. zu Telegram oder Signal
  • Erpressung: Drohung, peinliche oder intime Inhalte zu veröffentlichen, wenn das Opfer nicht „gehorcht“
  • Zwang zu Taten: In schweren Fällen sollen Opfer selbstverletzendes Verhalten zeigen, sexuell explizite Inhalte senden oder sogar andere Personen verletzen

In besonders extremen Fällen wurden Kinder zur Tötung von Tieren oder Familienangehörigen gedrängt. Europäische Ermittler von Europol registrierten auch Morde im Zusammenhang mit solchen Netzwerken.

Fälle zeigen: die Gefahr ist real

  • Deutschland, Juni 2025: In Hamburg wurde ein junger Mann festgenommen, der über 764 mit mindestens acht Jugendlichen kommunizierte und sie zu Selbstverletzungen drängte. Inhalte wurden live übertragen
  • Griechenland, April 2025: Der mutmaßliche Mitgründer der Gruppe „764 Inferno“ wurde in Thessaloniki verhaftet. Er soll mitverantwortlich sein für eine Reihe von Missbrauchsfällen.
  • USA und Europa: Laut FBI und Europol laufen aktuell zahlreiche Ermittlungsverfahren zu vergleichbaren Strukturen.

Warnzeichen erkennen

Verhaltenssignale bei Jugendlichen

  • Heimlichkeit beim Umgang mit Smartphones oder Chats
  • Rückzug aus dem sozialen Umfeld, Isolation
  • Stimmungsschwankungen, Depression, Angst
  • Kleidung zur Verdeckung von Verletzungen (z. B. lange Ärmel im Sommer)
  • Interesse an Gewalt, dunkler Symbolik, extremistischem Vokabular

Online-Auffälligkeiten:

  • Nutzung verschlüsselter Apps ohne nachvollziehbaren Grund
  • Kontakt zu Fremden, verbunden mit Geheimhaltungsdruck
  • Konsum oder Teilen von extrem gewalttätigen Inhalten

Was können pädagogische Fachkräfte und Eltern tun?

  • Offene Gespräche führen: Interesse zeigen und über Online-Erfahrungen sprechen
  • Medienkompetenz fördern: Jugendliche dabei unterstützen, die Strategien der Täter zu erkennen, um sich besser davor zu schützen
  • Technische Schutzmaßnahmen einsetzen: Kindersicherungen, Inhaltsfilter, Kontrollsoftware
  • Warnsignale ernst nehmen: Verhaltensänderungen (plötzlicher Rückzug, schwankende schulische Leistungen,…) beobachten und aktiv nachfragen
  • Sofort handeln bei Verdacht: Betroffene sollten sich an Polizei wenden. Eine gratis und vertrauliche Beratung kann ebenfalls über die BEE SECURE Helpline erfolgen

Online-Kulte wie „Gruppe 764“ zeigen, wie digitale Räume zur Gefahr werden können – besonders für junge, beeinflussbare Menschen. Umso wichtiger ist es, aufmerksam zu bleiben, Risiken zu erkennen und frühzeitig zu handeln.

Weiterführende Quellen