Was man als Eltern über Character.AI oder ähnliche Plattformen wissen sollte

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst Teil unseres Alltags – sie steckt in Navigationssystemen, Sprachassistenten oder automatischen Übersetzungen. Doch was verbirgt sich hinter KI-Chatbots – harmloser Begleiter oder digitale Gefahr?

Was sind KI-Chatbots nach dem Modell von Character.AI?

Im Gegensatz zu klassischen Suchmaschinen oder einfachen Assistenten wirken moderne Chatbots fast so, als würde man mit einer echten Person schreiben. Sie beantworten Fragen, erzählen Geschichten, geben Tipps – und auf Plattformen wie Character.AI sogar in der Rolle von fiktiven Figuren, prominenten Persönlichkeiten oder eigens erfundenen Charakteren. Dabei kann der Charakter auch mit KI-generierter Stimme antworten oder als animierter Avatar dargestellt werden.

Gerade für Kinder und Jugendliche ist das aufregend: Plötzlich können sie mit einem „virtuellen Freund“, der sich dem Lieblingscharakter aus einem Film, dem Drachen im neusten Computerspiel oder dem Bösewicht in ihrem Lieblingsbuch ähnelt, sprechen. Dabei ist die Hemmschwelle für die Gespräche niedriger: Kindern fällt es oft leichter, sich einem ChatBot als einem realen Menschen anzuvertrauen. Dabei hilft es, wenn der Chatbot dazu programmiert wurde endloses Interesse zu zeigen, um den User zu einer möglichst langen Nutzung der Plattform zu verleiten.

Diese Chatbots wirken oft erstaunlich lebensecht und reagieren auf eine Weise, die Empathie, Humor oder sogar Vertraulichkeit simuliert. Genau das macht sie für junge Menschen besonders faszinierend.

Character.AI gibt es als Webversion im Browser oder als App und ist so leicht und jederzeit zugänglich.

Die Chats können Spaß machen, die eigene Kreativität fordern und zum Experimentieren einladen. Doch wo Chancen liegen, gibt es auch Risiken. Deshalb lohnt es sich für Eltern, genauer hinzuschauen, was hinter diesen Systemen steckt.

Welche Risiken bergen Chatbots wie Character.AI?

In der Europäischen Union, ist die Nutzung von Character.AI erst mit einem Mindestalter von 16 Jahren zugelassen, um Kinder vor der potenziell risikoreichen Interaktion mit nur rudimentär kontrollierten Charakteren zu schützen. Wie bei vielen anderen Social-Media-Apps lässt sich auch hier die Altersbeschränkung sehr leicht umgehen. Diese Altersbeschränkungen bestehen jedoch nicht ohne Grund – bestimmte Risiken sollten Eltern bekannt sein.

Unangemessene Inhalte: Von der harmlosen Fantasiefigur zum toxischen KI-Partner

Character.AI verfügt zwar über Filter, die problematische Inhalte wie stark sexualisierte Sprache blockieren sollen, doch diese greifen nur eingeschränkt. Laut einem Artikel in Mashable, hat man so zum Beispiel bei der Suche nach den beliebtesten fiktiven „Boyfriends“ (romantische Partner) die Auswahl zwischen „Bad Boy“ bis hin zum gewalttätigen „Mafia Boyfriend“; kann laut Tests von Klicksafe mit misshandelnden Vätern sprechen oder aber sich, wie in BEE SECUREs Test-Chat mit „Simon Ghost Riley“ für die eigene vermeintliche Gewalttätigkeit loben lassen. Diese Szenarien sind für Kinder und Jugendliche ungeeignet.

Hassbotschaften oder sexuelle Belästigungen sind den Nutzern zwar untersagt, doch werden die Chats scheinbar nicht konsequent kontrolliert. Kinder und Jugendliche können sich hier also auch auf Eigeninitiative auf unangemessene Weise mit den KI-Charakteren unterhalten.

Erkennt die KI Anzeichen für Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten oder Suizidgedanken, reagiert Character.AI mit einem Hinweis auf professionelle Hilfsangebote.

Emotionale Bindung: Was wenn sich der digitale Freund mit dem nächsten Update verändert?

In einem Beitrag von ARD Report Mainz wird beleuchtet, wie eng die Beziehungen werden können, die Menschen zu Chatbots aufbauen. Einige Nutzer berichten, dass sie im Austausch mit einem Bot echte Gefühle von Zuneigung und Verbundenheit entwickeln. Dabei können die zunächst liebevollen Charakter sich aber auch ganz plötzlich verändern, die User zu gefährlichen Handlungen ermutigen oder toxisch werden. Ein Artikel des Guardian berichtet außerdem von der Gefahr von Updates: Hier mussten die User schockiert feststellen, dass ihre Bots nach einem Update deutliche Veränderungen im Verhalten der Charaktere feststellten, denen sie sich zuvor anvertraut hatten. Solche Anpassungen können für die Betroffenen überraschend und emotional belastend sein.

Chatten in jeder freien Minute: Kann es zur Sucht kommen?

Wie bei vielen anderen digitalen Angeboten besteht auch bei Character.AI das Risiko, dass Kinder deutlich mehr Zeit in der virtuellen Welt verbringen, als geplant. Die Figuren sind so programmiert, dass sie Gespräche am Laufen halten – durch Rückfragen, Nachhaken oder zusätzliche Bemerkungen. Auf diese Weise wird der Dialog fortwährend verlängert – und sowohl Kinder als auch Erwachsene bleiben oft länger im Austausch mit den Chatbots, als sie eigentlich vorhatten.

Offen sprechen zwischen (ChatBot)-Freunden: Was ist mit Datenschutz?

Wer Character.AI nutzt, stimmt automatisch den Regeln der Plattform zu. Das bedeutet: Alles, was dort geschrieben wird, darf gespeichert und weiterverwendet werden. So kann Character.AI sehr genaue Nutzerprofile anlegen und die Daten auch an andere Unternehmen weitergeben. Außerdem behält sich die Plattform vor, die Inhalte für eigene geschäftliche Zwecke zu nutzen.

Tipps für Eltern im Umgang mit Character.AI

Damit Kinder Character.AI oder ähnliche Plattformen sicherer nutzen können, ist es wichtig, dass Eltern sie begleiten und im Austausch bleiben. Die folgenden Tipps helfen dabei, Orientierung zu geben und einen offenen, positiven Umgang mit der Plattform zu fördern.

  • Selbst ausprobieren: Werfen Sie zunächst allein einen Blick auf die Plattform, um sich ein eigenes Bild zu machen.
  • Interessen des Kindes verstehen: Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, was es spannend findet oder welche Erwartungen es an die Nutzung hat.
  • Klare Regeln vereinbaren: Legen Sie gemeinsam feste Rahmenbedingungen fest, zum Beispiel zu Nutzungszeiten oder Themen.
  • Gemeinsam entdecken: Erkunden Sie die Plattform auch zusammen mit Ihrem Kind – so entsteht Transparenz und Vertrauen.
  • Im Gespräch bleiben: Fragen Sie regelmäßig nach: Was machst du dort? Mit welchen Charakteren chattest du? Wie fühlst du dich dabei? Gibt es etwas, das dich verunsichert?
  • Gemeinsame Freude haben: Nutzen Sie die Plattform auch einmal spielerisch zusammen – das nimmt Druck raus und zeigt, dass Sie offen für Neues sind.